Der Kohlenstaub hat mich gefressen, 1994 - 2000
Ei, Euter, Trichter, Zeppelin... sind (Leit)Motive im bildnerischen Werk von Julia Bornefeld. Modelle existenzieller Hüllen/Sphären kreisen in vielfältigen Varianten um die Idee des physikalisch Elementaren oder der Schwerkraft des Körpers im Raum. Die haptische und räumliche Präsenz dieser plastischen und neuerdings auch pneumatischen Intensitäten spielt die stoffliche Qualität des verwendeten Materials aus: Mit Kohlenstaub behandelte Flächen bilden über Stahlgerüste gespannt großdimensionierte Skulpturen oder kleinere verdichtete Objekte, die Julia Bornefeld nicht als reine Formen thematisiert, sondern als amorphe Figurationen durchgängig “ohne Titel” in den Spielraum der Assoziationen entläßt. Manche der strengen architektonen Kompositionen halten den Betrachter in einer Art Täuschungsmanöver vor geschlossenen Öffnungen in ständiger Bewegung. Verschiedene (archaisch anmutende) technoide Formen verraten wiederum die Faszination der Künstlerin für vorindustrielle Erfinderphantasien gepaart mit Affinitäten zum Alchimistischen und Märchenhaften. Ihre bildnerischen Erfindungen generieren auf wenige Linien konzentrierte Vexierbilder fluktuierender Bedeutungen zwischen Abstraktion und Figuration, die auch schon mit der Unschärferelation in der Physik verglichen wurden. Denn selbst die großformatigsten Volumen bewahren noch einen transitorischen Charakter und verkörpern die Befindlichkeit aus der Perspektive eines Welttheaters endloser Schwebe- und Aggregatzustände.
Marion Piffer Damiani